Garten schaffen Berge bauen Wasser organisieren
28. Juli 2023 - Ingo Vetter造园 Zao Yuan 筑山 Zhu Shan 理池 Li Chi
Garten schaffen Berge bauen Wasser organisieren
Hochschultage 2023
Installation der Klasse Ingo Vetter in Halle 2, Speicher XIA
Als Klasse für Bildhauerei mit klassischen Werkstoffen beschäftigen wir uns viel mit Materialien und künstlerischen Techniken. In den Diskussionen der letzten Semester wurde unser Umgang und Zu- griff hierauf ein wichtiges Thema – woher kommen die Ausgangsstoffe für unser Arbeiten, kann das Kunstwerk als transitorischer Zustand verstanden werden und wie löst es sich wieder auf, also wie wird das Werk wieder Material?
Dabei ist Material nie neutral, sondern trägt Geschichte und Bedeutung in sich, die im besten Fall im Sinne des Kunstwerks genutzt wird. Unser bestehendes Wirtschaftssystem orientiert sich an Werten und Waren. Die Transformation zu einem Kunstwerk kann eine extreme Form der Schaffung von kul- turellen Werten, von Mehrwert sein. Wenn diese dann, wie im Falle der kürzlich in Bremen stattge- fundenen „Bronzediebstählen“, zu reinem Material reduziert werden, wäre im Sinne von Entropie das Material und das „Energielevel“ immer noch erhalten und ausschließlich kulturelle Werte zerstört.
Alte Gewohnheiten müssen in Frage gestellt werden, wie etwa zu Beginn der bildhauerischen Arbeit in den Baumarkt zu gehen oder bei der Fachhandlung zu bestellen. Aktuelle Diskurse zu Anthropo- zän, Klimakrise und Ressourcenverbrauch bringen uns zu neuen Ansätzen. Wir untersuchen Mate- rialien, die Arbeitskraft, Wasser und Energie binden aber ihren Wert verloren haben, Müll wurden und beim Wertstoffhof sich wieder in Grundstoffe, also Rohmaterialien wandelten. Wir nehmen diese aus den Produktionskreisläufen heraus und schaffen damit einen temporären Garten. Ein Werk, ge- schaffen aus künstlerischen Entscheidungen der Gruppe und viel gemeinsamer Arbeit, das nach den Hochschultagen wieder in die Verwertungskreisläufe zurückkehrt. Das Kunstwerk ist dann nur noch die Dokumentation und das Wissen, dass das Material einen kulturellen Mehrwert hatte.
Wir sind erst vor kurzem in den Speicher XIA eingezogen und erproben die Möglichkeiten dieses Neubaus. Für die Hochschultage zeigen wir eine Installation mit performativen Elementen unter dem Titel “Garten schaffen – Berge bauen – Wasser organisieren“. Eine chinesische, poetische Um- schreibung der Erschaffung eines Gartens und hierin spiegelt sich die Arbeitsweise einer Klasse mit internationalen Studierenden wieder: In den Klassendiskursen bringen wir unser unterschiedliches kulturelles Wissen ein, Referenzen werden erläutert und hieraus Arbeitspraktiken neu entwickelt.
Unsere Installation besteht aus Altpapierballen, Putzlappen und Gefahrgut-Fässer. Der Bremer Wertstoffhof becker+brügesch hat uns diese zur Verfügung gestellt und wir nutzen sie für verschie- dene Elemente eines Gartens. Beispiele japanischer Gartengestaltungen und impressionistischer Malerei floßen in die künstlerischen Entscheidungen ein, verändern sich jedoch permanent. Ver- schiedene Samen wurden gesät und sollen nun im unwirtlichen Gelände wachsen. Ein Garten ist für uns permanente Pflege und die Studierenden der Klasse werden sich über die Ausstellungsdauer um die sprießenden Pflanzen kümmern, das Wasser organisieren und Mahjong spielen.
Studierende der Klasse Ingo Vetter sind: Tianwen Li, Merle Tatoli, Jana Thiel, Jamie Yzabel Santos, Jana Piotrowski, Jiale Wei, Ziti Xu, Marie Anna Pahl, Raphael Wutz, Alexander Schröter, Ole Prietz, Quin Mclennan, Siman Chen, Kaori Tomita, Minjeong Park, Berit Riekemann, Yunna Diao, Eunhye Kim, Philipp Michalski, Ruth Lübke.
Ermöglicht mit der großzügigen Unterstützung von becker+brügesch sowie becker putztextilien aus Bremen.